Wer hofft nicht, wenn er frühmorgens aufsteht, dass der Tag ein guter Tag werden möge? Oft hoffen wir, dass das, was wir in Angriff nehmen, auch gelingen kann. Wenn wir in den Urlaub fahren, hoffen wir auf gutes Wetter und dass wir wieder gut nach Hause kommen. Und wenn etwas schiefläuft, sagen wir oft:
Die Hoffnung stirbt zuletzt. In diesem Sinne sagt einmal Goethe: »Jede Hoffnung ist eigentlich eine gute Tat.«
Mit dem Wort Hoffnung verbinden wir grundsätzlich die zuversichtliche Erwartungshaltung, dass etwas Positives passieren wird, auch wenn es darüber keine Gewissheit gibt. Sie entsteht, wenn wir denken, alles wird gut, es wird gelingen, es wird eine Lösung geben. Hoffnung richtet sich somit immer auf die Zukunft.
Bereits in der Antike sind Begriffe und Konzepte von Hoffnung thematisiert worden. Für Hesiod gehört sie grundsätzlich zur menschlichen Existenz. Aristoteles definiert sie so: »Die Hoffnung ist Träumen mit offenen Augen«. In der Aufklärung wurde der Begriff der Hoffnung im philosophischen Sinne relevant: In Kants Argumentation führte er zu den Grundfragen: »Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen?« In seinem philosophischen Werk »Prinzip Hoffnung« spricht Ernst Bloch (1885-1977) deshalb von der Hoffnung als einer »konkreten Utopie«. Blochs Erkenntnis: »Die Utopie ist kein Nirgendwo, sondern Teil der Realität – denn die Hoffnung auf Veränderung besteht jederzeit.« Viel Beachtung hat die Hoffnungstheorie von Charles R. Snyder gefunden, die er in den 1980er Jahren formulierte. Snyder nimmt an, dass hoffnungsvolle Menschen ihr Ziel stärker fokussieren.
Sie lassen sich weniger schnell entmutigen und suchen nach alternativen Wegen, wenn sie auf Hindernisse treffen. Hoffnungslose Personen hingegen tun sich schwer damit, neue Lösungswege zu generieren und geben dementsprechend schneller auf. 2023 hat der Philosoph K. P. Liessmann beim Symposium in Lech zum Thema »Dialektik der Hoffnung« einen Vortrag gehalten, in dem er darauf hinwies, dass das Wort »hoffen« etymologisch mit dem Wort »hüpfen« verwandt ist. Wer hofft, ist in unruhiger Erwartung in Hinblick auf ein kommendes Ereignis. Wir hoffen, dass der Mensch, mit dem wir uns verabredet haben, auch tatsächlich kommt, und sind, je länger dieser auf sich warten lässt, dementsprechend unruhig. Mit diesem Beispiel macht er deutlich, dass Hoffnung im Prinzip zukunftsgerichtet, aber nicht einfach mit Wünschen gleichzusetzen ist, die in Erfüllung gehen können. Zur Hoffnung gehört, so Liessmann, ein gewisses Maß an Unwahrscheinlichkeit. Wenn jemand sich für eine Aufgabe gut vorbereitet, muss er nicht hoffen, dass er das schafft, er kann damit rechnen. Schlecht vorbereitet bleibt nur die Hoffnung, es doch noch zu schaffen.
Hoffnung hat aber immer auch zwei Seiten. Wenn wir beispielsweise hoffen, dass sich manches in naher oder ferner Zukunft zum Besseren wenden könnte, kann das Menschen antreiben, Neues zu denken, den Fortschritt voranzutreiben. Zum anderen aber kann man sich auch falsche Hoffnungen machen. Und wenn sie nicht eintreten, kann das zu Resignation, zur Passivität führen. Hoffnungslosigkeit hat immer auch mit der Angst vor der Zukunft zu tun. Und wenn wir
nur Angst vor der Zukunft haben, ist das immer ein schlechter Ratgeber.
Was ist der Grund christlicher Hoffnung?
Die Hoffnung weist zwar grundsätzlich in die Zukunft; für die Bibel, in der das Wort als Substantiv 117mal vorkommt, verwurzelt sie sich aber in der Gegenwart Gottes. Schon im AT klingt immer diese Botschaft durch: dass Gott in seinem Wohlwollen nie die Menschen verlässt, die er in seine Gemeinschaft ruft, weil er mit ihnen einen Bund für ewig geschlossen hat. In der Bibel kleidet sich diese Hoffnung oft in den Begriff »Verheißung«. Wenn Gott mit den Menschen in Beziehung tritt, verheißt er ihnen meistens ein erfüllteres Leben. Dies beginnt bereits in der Geschichte Abrahams. »Ich werde dich segnen«, sagt Gott zu Abraham. »Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen.« (Gen 12,2-3).
Jesaja, ein großer Prophet im Alten Testament, hat alle seine Hoffnungen auf ein Kind gesetzt. In ihm sah er den Friedensbringer und Friedensstifter, den Friedensfürsten. In dieser Hoffnung trifft sich Jesaja mit allen Christen an Weihnachten, wenn er die künftige Geburt des Messias mit den Worten ankündigt: »Darum wird euch der Herr von sich aus ein Zeichen geben. Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, sie wird einen Sohn gebären und sie wird ihm den Namen Immanuel geben …« (Jes 7,14).
Das kleine Kind in der Krippe, es wird all unsere Hoffnungen auf Frieden erfüllen. Wir sehen in ihm das erstaunlichste Zeichen, das Gott jemals den Menschen gegeben hat. Seit dieses Kind in der Krippe lag, Gott Mensch wurde, dürfen wir darauf vertrauen, dass etwas ganz und gar Neues beginnt, das uns rettet. Mit ihm wird alles gut werden.
Diese Hoffnung, die das Kind von Betlehem uns schenkt, so Papst Franziskus, gibt der Gegenwart ein Ziel, eine gute Bestimmung; der Menschheit das Heil; die Glückseligkeit dem, der sich dem barmherzigen Gott anvertraut. Der heilige Paulus fasst alles zusammen mit dem Wort: »Wir sind gerettet, doch in der Hoffnung« (Röm 8,24).
Der Schriftsteller Michael Köhlmeier sagte einmal in einer Hörfunksendung, in der Weihnachtsgeschichte werde erzählt, wie aus dem Kleinsten das Größte werden kann. Hier spiegele sich die Hoffnung, dass in jedem Menschen alles enthalten sei, und er vergleicht das mit einem Apfelkern. Wenn wir einen Apfel essen, dann spucken wir den Kern aus und vergegenwärtigen uns nicht, dass in diesem Kern der ganze Baum enthalten ist. Genauso sei das mit der Geburt Christi, erklärt Köhlmeier. »Stellvertretend für die ganze Menschheit wird dir hier gesagt: Der Kleinste der Kleinen – auf der Flucht, in einer Scheune, in einem Stall den besuchen die Könige der Könige, und sie besuchen ihn deswegen, um sich vor ihm zu beugen, weil er der König der Könige ist. Das ist natürlich Hoffnung pur«, betont der Schriftsteller.
Und das ist die frohe Botschaft von Weihnachten:
»Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.«
In Jesus Christus ist uns Gott ganz nahegekommen und hat uns seine menschenfreundliche Liebe geschenkt. Hoffnung für mein persönliches Leben gewinne ich aus dem Vertrauen, dass er mich durch Höhen und Tiefen meines Lebens begleitet und mir auch in schweren Zeiten neue Wege und Perspektiven eröffnen kann.
Text: August Brückler
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